Wir lesen regelmäßig für Sie und halten die Ohren auf: Hier fassen wir für Sie Publikationen, Artikel und Meinungen aus der medizinischen Medienwelt zusammen. Alles, was wichtig ist, neugierig oder nachdenklich macht – rund um die Themen Gesundheit, Medizinforschung, Labordiagnostik und Therapeutik.

+

Rolle von S100A8/A9 bei nicht-neoplastischen Erkrankungen des zentralen Nervensystems

S100A8/A9, auch bekannt als MRP8 und MRP14 oder Calprotectin, sind Proteine, die in Immunzellen wie Neutrophilen und Monozyten vorkommen und bei Entzündungsreaktionen freigesetzt werden. Schon seit langem werden sie als proinflammatorische Biomarker bei der rheumatoiden Arthritis zur Diagnosestellung, Überwachung der Krankheitsaktivität und Therapie-Monitoring herangezogen.
 
Eine aktuelle Studie zeigt nun, dass MRP8/14 auch bei verschiedenen Erkrankungen des zentralen Nervensystems wie Alzheimer (AD), Parkinson (PD), Multipler Sklerose (MS) und Schlaganfall deutlich erhöht sind. Bei AD-Patienten fördert MRP14 die Neuroinflammation sowie die Amyloidogenese im Gehirn, indem es mit Aß-Peptiden interagiert und die Bildung von Amyloid-Plaques beschleunigt. Bei Parkinson koaggregiert es mit alpha-Synuclein, einem Hauptprotein, das in den neuronalen Einschlusskörperchen der Patienten vorkommt. Damit verändert MRP8/14 die Aggregationskinetik von alpha-Synuclein und stabilisiert die Bildung von Amyloidfibrillenstrukturen. Bei MS-Patienten aktiviert MRP8/14 den NF-kB-Signalweg und fördert damit Entzündungen und Schädigungen an Oligodendrozyten-Vorläuferzellen.
 
Die Autoren schließen daraus, dass MRP8/14 die Neuroinflammation und Amyloidproduktion fördert und als diagnostischer Biomarker für neurologische Erkrankungen, als Prädiktor für das Ansprechen auf Therapien und sogar als neues vielversprechendes therapeutisches Target heranziehen kann.
 
Quelle:
Qi Tian et al.; Inflammatory role of S100A8/A9 in the central nervous system non-neoplastic diseases; Brain Res Bull, 2024

+

Influenzaimpfung bei älteren Menschen

Die Immunität gegen Influenza nimmt mit dem Alter stark ab und wird zunehmend heterogener. Die Autoren einer aktuellen Publikation haben 234 geimpfte Personen, die älter als 65 Jahre waren und mit dem Impfstoff FluAd geimpft wurden, über zwei unabhängige Saisons hinweg longitudinal (bis zu fünf Zeitpunkte) untersucht.
 
Umfangreiche Analysen auf Systemebene von Multiomics-Datensätzen ergaben, dass man in der Reaktion zwischen „Respondern“ und „Poor Respondern“ unterscheiden kann. Hohe Plasma-Konzentrationen von Interleukin 15 vor der Impfung sind charakteristisch für „Poor Responder“, ebenso wie die deutlich geringeren Konzentrationen langkettiger Fettsäuren im Blut gegenüber Respondern. Diese langkettigen Fettsäuren wirken entzündungshemmend und unterstützen dadurch die Entwicklung einer guten Immunantwort. Ältere Menschen leiden häufig an Begleiterkrankungen, die mit chronischen Entzündungsprozessen (Silent Inflammation) einhergehen und auf diesem Weg die adäquate Reaktion auf den Impfstoff hemmen können.
 
Die Autoren leiten daraus ab, dass eine optimierte Versorgung mit langkettigen Fettsäuren, wie sie z. B. in Fischöl oder Nüssen enthalten sind, eine effektive Möglichkeit sein könnte, besonders bei alten Menschen die Immunantwort auf Grippeimpfungen – und letztlich damit auch auf das Virus selbst – zu verbessern.
 
Quelle:
Kumar S, Zoodsma M, Nguyen N, Pedroso R, Trittel S, Riese P, Botey-Bataller J, Zhou L, Alaswad A, Arshad H, Netea MG, Xu CJ, Pessler F, Guzmán CA, Graca L, Li Y. Systemic dysregulation and molecular insights into poor influenza vaccine response in the aging population. Sci Adv. 2024 Sep 27;10(39):eadq7006.

+

Neue Einblicke in die Zusammenhänge zwischen Vitamin D, Darmmikrobiom und Krebsimmunität

Das Zusammenspiel zwischen Ernährung, Darmmikrobiom und Immunsystem wird zunehmend als wichtige Komponente unserer Immunität, auch gegen Krebs, angesehen. Studien an Mäusen und Menschen zeigten bereits, dass kommensale Bakterien die Immunreaktionen gegen Krebs beeinflussen und sich zudem positiv auf die Effektivität der Checkpoint-Inhibitor-Therapie auswirken können. Die Wirtsfaktoren, die es den im Darm lebenden Mikroben ermöglichen, die Krebsimmunität zu beeinflussen, sind jedoch nach wie vor nicht bekannt.
 
Eine aktuelle Studie von April 2024 zeigte, dass eine erhöhte Vitamin D Verfügbarkeit, entweder durch eine genetische Deletion von Gc oder durch eine Vitamin D Supplementierung, zu einer Veränderung des Darmmikrobioms führt, die mit einer verbesserten Krebsimmunität einhergeht. Genauer gesagt, scheint Vitamin D das Vorkommen und/oder die metabolischen Eigenschaften von Bacteroides fragilis zu beeinflussen, ein anaerobes, gram-negatives Bakterium, welches Teil der typischen Mikrobiota bei Menschen und Mäusen ist.
 
Bemerkenswerter Weise reichte bei Mäusen eine fäkale Mikrobiota Transplantation (FMT) aus, um ihnen eine erhöhte immunvermittelte Tumorresistenz zu verleihen. Voraussetzung war jedoch eine kontinuierliche Verfügbarkeit von Vitamin D in der Nahrung. Die genauen Mechanismen sind zwar unklar, jedoch scheint Vitamin D Auswirkungen auf die intestinalen Epithelzellen zu haben, sodass die Mikrobiom-Zusammensetzung verändert wird. So konnte man wiederum die Krebsimmunität der Mäuse steigern.

Die Vitamin-D-abhängigen Antworten der Darmepithelzellen führen vor allem zu einem Anstieg bzw. einer Modulation von B. fragilis. Inwiefern B. fragilis die Krebsimmunität steigern kann ist nicht bekannt, die Ergebnisse der vorliegenden Studie deuten aber darauf hin, dass eine MyD88-abhängige Signalkaskade und die Produktion von Typ-I-IFN sowie eine cDC1-abhängige T-Zell-Antwort involviert sind.
 
Auch beim Menschen ist eine Vitamin D-Supplementierung mit einer Erhöhung der Bacteroides Spezies assoziiert. Es ist allerdings unklar, ob diese Effekte auch negative Folgen haben – Bacteroides fragilis wurde in einer weiteren Studie als potentiell pathogen beschrieben. In den Maus-Versuchen konnte man jedoch keine Darmentzündung feststellen und in anderen Studien wurde B. fragilis als protektiv für den Darm beschrieben.
 
Dazu führte man viele Studien durch, um die Verbindung zwischen Vitamin D und Krebsrisiko zu untersuchen. Eine Meta-Analyse von fast 1,5 Millionen Personen ergab, dass ein niedriger Vitamin-D-Spiegel mit einem erhöhten Krebsrisiko korreliert ist. Vitamin D ist in der Lage, die Vermehrung von Krebszellen zu verringern, die Apoptose zu fördern, die Angiogenese zu reduzieren und die pro-tumorigene Aktivität von krebsassoziierten Fibroblasten zu dämpfen.
 
Die Zusammenhänge aus Nahrungs-Vitamin D, Darmmikrobiom und Krebsimmunität sind allerdings so komplex und schwierig zu erforschen, dass viele weitere Arbeiten wie Längsschnittstudien am Menschen notwendig sind, um zu verstehen, inwieweit sich die Erkenntnisse überschneiden und die Auswirkungen auf die Gesundheit der Patienten zu bewerten.
 
Quelle:
Fabien Franco, Kathy D. McCoy, Microbes and vitamin D aid immunotherapy, Science, 384, 6694, (384-385), (2024).

+

Hochverarbeitete Lebensmittel erhöhen das Risiko für Multimorbidität

Bisher war nicht belegt, dass der Konsum von ultrahochverarbeiteten Lebensmitteln (UPF) mit einer höheren Inzidenz von Multimorbidität verbunden ist. Diese Lebensmittel enthalten oft hohe Mengen an Zucker, Salz, Fett und künstlichen Zusatzstoffen. Frühere Studien haben bereits einen Zusammenhang zwischen dem Konsum dieser Lebensmittel und einzelnen Krankheiten festgestellt. Eine nun publizierte multinationale Kohortenstudie untersuchte den Zusammenhang zwischen dem Konsum von ultrahochverarbeiteten Lebensmitteln und dem Risiko, an mehreren Krankheiten gleichzeitig zu erkranken, insbesondere an Krebs und kardiometabolischen Erkrankungen (wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Typ-2-Diabetes).
 
Einbezogen wurden 266 666 Probanden (60 % Frauen), die zum Zeitpunkt der Rekrutierung frei von Krebs, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Typ-2-Diabetes waren. An der Studie „European Prospective Investigation into Cancer and Nutrition (EPIC)“ beteiligten sich Teilnehmer aus sieben europäischen Ländern. Faktoren wie Alter, Geschlecht, körperliche Aktivität und sozioökonomischer Status wurden berücksichtigt. Ziel war es zu ermitteln, ob der Verzehr ultrahochverarbeiteter Lebensmittel das Risiko erhöht, gleichzeitig an Krebs und kardiometabolischen Beschwerden zu erkranken (Multimorbidität).
 
Das Ergebnis zeigt, dass man einen hohen Konsum von ultrahochverarbeiteten Lebensmitteln mit einem erhöhten Risiko für Multimorbidität in Verbindung bringen kann im Vergleich zu Personen, die weniger ultrahochverarbeitete Lebensmittel konsumierten. Damit sehen die Autoren in der Reduzierung des Konsums von ultrahochverarbeiteten Lebensmitteln eine wichtige Maßnahme zur Prävention von Multimorbidität.
 
Originalpublikation:
Cordova R, Viallon V, Fontvieille E, Peruchet-Noray L, Jansana A, Wagner KH, Kyrø C, Tjønneland A, Katzke V, Bajracharya R, Schulze MB, Masala G, Sieri S, Panico S, Ricceri F, Tumino R, Boer JMA, Verschuren WMM, van der Schouw YT, Jakszyn P, Redondo-Sánchez D, Amiano P, Huerta JM, Guevara M, Borné Y, Sonestedt E, Tsilidis KK, Millett C, Heath AK, Aglago EK, Aune D, Gunter MJ, Ferrari P, Huybrechts I, Freisling H. Consumption of ultra-processed foods and risk of multimorbidity of cancer and cardiometabolic diseases: a multinational cohort study. Lancet Reg Health Eur. 2023 Nov 14;35:100771.

+

Herpesvirus VZV nutzt T-Zellen als Trojanisches Pferd

Das menschliche Immunsystem kann Herpesviren nach Infektion nicht eradizieren, sie besitzen deshalb Potential für Reaktivierungen und komplexe, multisymptomatische Beschwerdebilder. Das zu dieser Gruppe gehörige Varizella-Zoster Virus (VZV) verursacht Windpocken als Primärinfektion und Gürtelrose als typische klinisch manifeste Reaktivierung. Bisher war nicht klar, wie VZV die Immunantwort umgeht. Bezüglich dieser Frage gibt es eine aktuelle Publikation in der Fachzeitschrift Nature Communications.
 
Bei der Primärinfektion mit VZV spielen infizierte Lymphozyten eine zentrale Rolle bei systemischer Verbreitung im gesamten Wirt und der Virämie, einschließlich der Haut. Dies führt zur Expression von Zytokinen, einschließlich Interferonen (IFN), die die Infektion teilweise begrenzen. VZV breitet sich auch von den Keratinozyten der Haut auf Lymphozyten aus, bevor es zu einer sekundären Virämie kommt.
 
Die Autoren zeigen, dass das VZV-Glykoprotein C das zytotoxische TH1-Zytokin IFN-γ bindet und dessen Aktivität modifiziert, indem es die Expression einer Untergruppe von IFN-stimulierten Genen einschließlich des interzellulären Adhäsionsmoleküls 1 (ICAM1), Chemokinen und immunmodulatorischen Genen, erhöht. Der höhere ICAM1-Proteinspiegel an der Plasmamembran von Keratinozyten erleichtert die Lymphozytenfunktion-assoziierte Antigen-1-abhängige T-Zell-Adhäsion. Die Expression von Glycoprotein C während der Infektion erhöht die Ausbreitung von VZV auf periphere mononukleäre Blutzellen.
 
So ergibt sich eine Strategie zur Modulation der IFN-γ-Aktivität, was eine verstärkte Lymphozytenadhäsion und Virusausbreitung fördert. Die Publikation zeigt erstmals, dass die virale Modulation von Typ-II-Interferon zu einer erhöhten Adhäsion infizierter T-Zellen und dadurch zu einer verstärkten Virusausbreitung führt.
 
Originalpublikation:
Carina Jacobsen et al.; Viral modulation of type II interferon increases T cell adhesion and virus spread; Nature Communications, 2024, DOI: 10.1038/s41467-024-49657-4

+

Wie wirkt vegane oder ketogene Diät auf die Immunität?

Wie die Ernährung die menschliche Immunität beeinflusst, ist noch weitgehend unbekannt. Die Fachzeitschrift Nature Medicine publizierte kürzlich hierzu hochinteressante Erkenntnisse. Eine klinischen Studie untersuchte, wie sich eine 2-wöchige veganer Ernährung oder ketogener Diät sowohl auf die Immunität als auch auf das Darmmikrobiom auswirken.

Die Ergebnisse zeigten, dass eine ketogene Ernährung insgesamt mit einer signifikanten Hochregulierung von Signalwegen und einer Anreicherung von Zellen, die mit dem adaptiven Immunsystem in Verbindung stehen, verbunden war. Im Gegensatz dazu beeinflusst eine vegane Ernährung signifikant das angeborene Immunsystem, einschließlich einer Hochregulierung von Signalwegen, die mit der antiviralen Immunität in Verbindung stehen.
 
Beide Diäten wirkten sich unterschiedlich auf das Mikrobiom und den wirtsassoziierten Aminosäurestoffwechsel aus, wobei man die meisten mikrobiellen Stoffwechselwege nach der ketogenen Diät im Vergleich zum Ausgangswert und der veganen Diät stark herunterregulierte. Insgesamt zeigt diese Arbeit, dass eine 2-wöchige kontrollierte Ernährungsintervention bereits ausreicht, um deutlich messbare Auswirkungen auf die Immunität zu haben.

+

Zahl gesunder Darmmikroben nimmt ab

Jeder weiß, dass Ballaststoffe gesund und ein wichtiger Bestandteil unserer täglichen Ernährung sind. Ballaststoffe bestehen zum Großteil aus Zellulose. Sie sind in Blättern, Wurzeln, Ähren und Holz enthalten. Mit Gemüse oder Vollkornprodukten nehmen wir Ballaststoffe auf. Ballaststoffe sind gesund, da sie dabei helfen, unsere Darmflora ausgeglichen zu erhalten. Es sind vor allem Bakterien, die Zellulose verdauen können und die Zellulosebestandteile verwertbar machen. Doch unsere Essgewohnheiten in industrialisierten Gesellschaften unterscheiden sich stark von denen der frühen Menschen. Dies wirkt sich anscheinend auf unsere Darmflora aus, da laut einem neuen Bericht, der in Science veröffentlicht wurde, zelluloseabbauende Bakterien aus dem menschlichen Darmmikrobiom insbesondere in industriellen Gesellschaften verloren zu gehen scheinen.
 
Während der menschlichen Evolution waren Ballaststoffe immer ein Hauptbestandteil der menschlichen Ernährung. Die Wissenschaftler identifizierten wichtige neue Mitglieder des menschlichen Darmmikrobioms, zelluloseabbauende Bakterien aus der Gattung Ruminococcus. Diese Bakterien bauen Zellulose ab, indem sie große und hochspezialisierte extrazelluläre Protein-Komplexe namens Zellulosomen produzieren, die sich an die Zellulösefäden anhaften und diese auseinanderziehen, um sie enzymatisch besser in kleinere Stücke verdauen zu können. Diese kleineren Stücke werden wiederum von weiteren Bakterien abgebaut. Ruminococcus steht also an der Spitze der Ballaststoffabbau-Kaskade. Wie der Name schon sagt sind sie auch Mitglieder des Mikrobioms im Pansen von Wiederkäuern. Das heißt, es scheint, dass Menschen wichtige Bestandteile eines gesunden Darmmikrobioms von Nutztieren erworben haben, die sie früh in der menschlichen Evolution domestiziert haben.
 
Damit ist die Geschichte aber noch nicht zu Ende. Die Untersuchung ergab, dass Ruminococcus-Stämme in der Tat robuste Bestandteile des menschlichen Darmmikrobioms unter menschlichen Jägern und Sammlern sowie unter Bewohnern ländlicher Gegenden sind, doch dass sie in menschlichen Proben aus industrialisierten Gesellschaften selten oder teilweise sogar ganz fehlen. Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass die Abkehr von einer ballaststoffreichen Ernährung eine Erklärung für den Verlust wichtiger zelluloseabbauender Mikroben in unserem Mikrobiom ist. Wie kann man also diesem evolutionären Rückgang entgegenwirken? Ganz einfach, mehr Ballaststoffe essen!

+

Ingwer hemmt Autoimmunprozesse

Starkoch Alfons Schuhbeck bekommt Recht, zumindest in Bezug auf seine unbestreitbaren Verdienste um die Einführung von Ingwer in die deutsche Küche.
In einer Studie, die im Herbst 2023 im Journal of Clinical Investigation erschien, wurden die Wirkung des Ingwer-Wirkstoffs 6-Gingerol auf die für Autoimmunkrankheiten charakteristische Hyperaktivität von Neutrophilen untersucht.
 
Das 6-Gingerol hemmte im Mausmodell die Phosphodiesterase und dämpfte die dysfunktionale Bildung extrazellulärer Neutrophilen-Fallen, die sogenannte NETose. NET-bedingte Autoimmunerkrankungen sind z. B. rheumatoide Arthritis, Lupus erythematodes oder Vaskulitiden. In Untersuchungen an gesunden Erwachsenen steigerte die Einnahme von 6-Gingerol über 7 Tage das zyklische AMP der Neutrophilen als Zeichen höherer zellulärer Fitness.
 
Die Autoren gehen soweit, dass die immunmodulierenden Ingwer-Inhaltsstoffe künftig eine Rolle bei der Behandlung von Autoimmunerkrankungen spielen könnten.
 
… dass sich diese Erkenntnisse für Schuhbeck strafmindernd auswirken ist unwahrscheinlich.

+

Bewegung und Omega-3-Fettsäuren hemmen Silent Inflammation im Alter

Anfang dieses Jahres publizierte das International Journal of Molecular Sciences eine Untersuchung über den Einfluss von Bewegung und Omega-3-Supplementen auf den Inflammationsstatus bei alten Menschen. Chronische Entzündungsprozesse stehen in klarem Zusammenhang mit der Zellalterung und Pathogenitätsprozessen im Immunsystem, welche altersbedingte Krankheiten begünstigen.
 
Die Autoren untersuchten, wie sich eine 8-wöchige Bewegungs- und Ernährungsintervention auf die Entzündungsreaktion bei 61 älteren Erwachsenen (Alter: 70,6 ± 4,7 Jahre; 47 % Männer) auswirkt. Alle Teilnehmer erhielten wöchentlich Vibrations- und Widerstandstraining zu Hause. Außerdem hielten die Teilnehmer nach dem Zufallsprinzip entweder eine proteinreiche (1,2-1,5 g/kg) oder eine proteinreiche, mit Omega-3-Fettsäuren angereicherte (2,2 g/Tag) Kontrolldiät.
 
Vor und nach der Behandlung bestimmte man die Entzündungsmarker im Blut sowie nach der Stimulation durch Lipopolysaccharid (LPS) im Vollblut ex vivo. Eine proteinreiche, mit Omega-3-Fettsäuren angereicherte Ernährung verringerte das zirkulierende entzündungshemmende Interleukin (IL-10) und den IL-1-Rezeptor-Antagonisten (IL-1RA). Nach Geschlecht aufgeschlüsselte Analysen ergaben, dass die pro-inflammatorischen Marker bei Männern, die sich proteinreich und mit Omega-3-Fettsäuren angereichert ernährten, ebenfalls deutlich reduziert waren. Die Genexpression von IL-1RA war nach beiden proteinangereicherten Diäten im Vergleich zu den Kontrollen signifikant reduziert.
 
Im Vergleich zu einer eiweißreichen Diät führte Bewegung allein zu einer geringeren LPS-induzierten Freisetzung des C-C-Motiv-Chemokin-Liganden-2 (CCL-2), die bei Männern tendenziell stärker ausgeprägt war als bei Frauen. Eine achtwöchige eiweißreiche, mit Omega-3-Fettsäuren angereicherte Ernährung in Kombination mit körperlicher Betätigung verringerte die zirkulierenden entzündungshemmenden Marker und die entzündungsfördernden Marker bei Männern. Eine eiweißreiche Ernährung schwächte die Genexpression der Entzündungsmarker in den PBMC ab. Bewegung alleine führte zu einer geringeren proinflammatorischen Reaktion auf LPS-Exposition.
 
Quelle:
Haß, U.; Heider, S.; Kochlik, B.; Herpich, C.; Pivovarova-Ramich, O.; Norman, K. Effects of Exercise and Omega-3-Supplemented, High-Protein Diet on Inflammatory Markers in Serum, on Gene Expression Levels in PBMC, and after Ex Vivo Whole-Blood LPS Stimulation in Old Adults. Int. J. Mol. Sci. 2023, 24, 928.

+

COVID-19 Infektion erhöht Risiko für Autoimmunerkrankungen

Das Risiko, eine Autoimmunerkrankung zu erwerben, ist nach der akuten Phase einer COVID-19-Infektion erhöht und steigt mit der Schwere der Infektion. Das ergab eine große, kontrollierte Kohortenstudie mit Daten von sechs deutschen Krankenversicherungen, bei der die Häufigkeit neu diagnostizierter Autoimmunerkrankungen zwischen Personen mit und ohne dokumentierte SARS-CoV-2-Infektion verglichen wurde.
 
Dafür wurden Personen ausgewählt, die bis 31.12.2020 eine durch PCR bestätigte Corona Infektion durchgemacht haben. Diese 641.704 Patienten wurden mit Kontrollpatienten ohne bestätigte Corona-Infektion verglichen. Für jeden Corona-Patienten wählte man drei Kontrollen aus, die sich hinsichtlich Geschlechts, Alter und dem Vorliegen einer Autoimmunkrankheit „matchen“. Der Beobachtungszeitraum startete jeweils nach der akuten Phase der Corona-Infektion (>12 Wochen) und dauerte bis 30. Juni 2021. Es wurden Inzidenzraten (IR) von Autoimmunerkrankungen pro 1000 Personenjahren beider Gruppen geschätzt und Unterschiede verglichen (Incidence Risk Ratio [IRR]).
 
Die statistischen Analysen ergaben, dass die Wahrscheinlichkeit für eine Neudiagnose einer Autoimmunerkrankung nach COVID-19 um 42,63 % höher war als ohne COVID-19 (IRR: 1,43). Lag bereits eine Autoimmunerkrankung vor, so war das Risiko, eine weitere zu erwerben in der COVID-19-Kohorte um 23 % höher als in der Kontrollgruppe.
Die größten Unterschiede zwischen beiden Gruppen gab es bei eher seltenen systemischen, autoimmunen Entzündungen der Blutgefäße wie Morbus Wegener (IRR: 2,51), Morbus Behçet (IRR: 2,42) und Arteriitis temporalis (IRR: 1,63). Bei häufiger vorkommenden Autoimmunerkrankungen gab es die größten Unterschiede zwischen den Gruppen bei Hashimoto-Thyreoiditis (IRR: 1,42), Morbus Basedow (IRR: 1,41), Psoriasis (IRR: 1,17) und rheumatoider Arthritis (IRR: 1,42).
 
Das Risiko stieg außerdem mit der Schwere der Corona-Infektion: Nach stationär behandeltem COVID-19 traten Autoimmunerkrankungen häufiger auf als bei ambulant behandelten Patienten (IRR: 1,75 vs. 1,38). Bei intensivmedizinisch Therapierten/Beatmeten war die Wahrscheinlichkeit am höchsten (IRR: 2,28).
 
Zu den möglichen Mechanismen, die zu einer postinfektiösen Autoimmunerkrankung führen könnten, gehören eine Persistenz des Virus oder viraler Reste, Reaktivierung latenter Viren, langanhaltende Gewebeschäden aufgrund von Mikroverklumpung oder chronischer Entzündung sowie Autoimmunität. Nach derzeitigem Kenntnisstand kann die Autoimmunität nach einer Virusinfektion durch Mechanismen wie Epitopausbreitung, Bystander-Aktivierung, molekulare Mimikry und kryptische Epitope ausgelöst werden.
 
Dieser Preprint einer Studie bietet eine Analyse mit einem großen Datenset aus Deutschland und zeigt die Notwendigkeit auf, besonders Vaskulitis-assoziierte Symptome nach einer Infektion genauer zu beobachten, um frühzeitig eine geeignete Therapie zu starten.
 
Quelle:
Tesch F, Ehm F, Vivirito A, et al.: Incident autoimmune diseases in association with a SARS-CoV-2 infection: A matched cohort study. medRxiv preprint 2023; doi: 10.1101/2023.01.25.23285014